Künstliche Intelligenz in der Diagnostik

Geposted am: 20. Oktober 2020

Künstliche Intelligenzen (kurz KI) integrieren sich immer mehr in unseren Alltag und unterstützen dabei auch vermehrt in der Medizin. Das Unternehmen MindPeak hat eine KI entwickelt, die Ärztinnen und Ärzte bei der Diagnose von Tumorregionen im Körper unterstützt. Wir haben mit MindPeak Gründer und CEO Felix Faber über die Idee dahinter und die Potenziale einer KI gesprochen.
 

MedServation: 2008 hast du das Online-Spieleunternehmen Bytro Labs gegründet, Wie kam es zu der Idee danach ein Medical Startup zu gründen und wie hast du die letzten Jahre persönlich erlebt?

Felix Faber: Ja, das mit Bytro war eine tolle Sache. In meinem Cognitive Science und Informatik Studium waren KI und Deep Learning Hauptschwerpunkte. Nach der Uni wollte ich etwas unternehmen – sprich gründen. Es war einfach eine unglaublich spannende Erfahrung eine eigene Firma mit am Ende 40 Mitarbeitern aufzubauen. Und Computerspiele sind super, aber ich wollte dann irgendwann mehr. Es war eine tolle Zeit mit Bytro, in der ich meine Erfahrungen als Gründer in allen Belangen ausgebaut habe.
 

MedServation: Was war deine Motivation, genau für diesen spezifischen Bereich eine künstliche Intelligenz zu entwickeln?

Felix Faber: Über eine schwere Erkrankung in meinem persönlichen Umfeld habe ich mich sehr intensiv mit dem Thema Krebs beschäftigt. Krebs gehört mittlerweile weltweit zu den Haupttodesursachen. Die Zahl der Krebserkrankungen steigt von Jahr zu Jahr – weil Menschen immer älter werden – aber die Diagnosekapazitäten wachsen nicht mit. Hintergrund ist, dass die Zahl der Spezialisten, die Krebs erkennen – meist Pathologen – kaum zunimmt. Da kamen mein Mitgründer Tobias Lang und ich auf die Idee, Künstliche Intelligenz für die Diagnose von Krebs einzusetzen.
 

MedServation: Wie funktioniert BreastIHC und welchen Vorteil bietet es im medizinischen Alltag?

Felix Faber: Künstliche Intelligenz ist immer dann gut, wenn es um Bilderkennung und um sich oft wiederholende Vorgänge geht. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren unsere KI kontinuierlich weiterentwickelt und mit sehr vielen Daten gefüttert – in diesem Fall mit hochauflösenden Bildern von Gewebeproben mit Brustkrebs. Der Algorithmus lernt dann Bilder zu erkennen, die er zuvor noch nie gesehen hat. BreastIHC ist daher die ideale Unterstützung für Pathologen, um schnell, sicher und kostengünstig Brustkrebszellen zu identifizieren, zu zählen und somit einzuordnen. Eine Aufgabe, die der Spezialist bislang noch wie vor hundert Jahren mühsam und zeitaufwendig mit Hilfe eine Mikroskops quasi per Hand erledigt.
 

MedServation: Wie hoch ist die Genauigkeit der KI bei der Diagnostik von Tumorregionen im Körper?

Felix Faber: Das besondere ist ja die Unterstützung der Ärzt*innen durch unsere künstliche Intelligenz. In dieser Verbindung können wir die Fehlerrate in der Erkennung von Krebszellen deutlich senken und gleichzeitig die Befundungsgeschwindigkeit deutlich erhöhen. In einem Vergleichstest mit sehr guten Ärzt*innen hat unser Algorithmus 96 Prozent Übereinstimmung erzielt. Das gibt es so bisher noch nicht. Unser Vorteil ist an dieser Stelle, dass wir sehr eng mit Laboren und Kliniken wie der Charité in Berlin oder der HP-Hamburg zusammenarbeiten und daher Zugang zu über 20 Millionen Gewebeträgern (Slides) haben.
 

MedServation: Welche Rolle wird deiner Meinung nach künstliche Intelligenz in der Medizin zukünftig spielen?

Felix Faber: Algorithmen wie der unsere haben das Potenzial, insbesondere die Diagnostik in der Medizin zu revolutionieren, weil sie Ärzt*innen von zeitfressenden und für sie wenig interessanten bzw. wenig wichtigen Aufgaben befreien und sie somit zum Beispiel viel mehr Zeit für ihre Patient*innen haben. Darüber hinaus haben Untersuchungen gezeigt, dass Ärzt*innen, die eine KI zur Unterstützung ihrer Arbeit nutzen, auch deutlich genauer in ihren Diagnosen werden. Wir glauben daher, dass in Zukunft KI mehr und mehr in der Medizin eingesetzt werden wird. In Zukunft werden Ärzt*innen eher vor der Frage stehen, ob sie es sich erlauben können, keine KI einzusetzen.
 

MedServation: Werden KIs, deiner Meinung nach, Ärzt*innen irgendwann ersetzen können?

Felix Faber: Nein. Ärzt*innen werden und müssen meiner Ansicht nach immer das letzte Wort haben. Menschen sind KI in fast allen Bereichen weit überlegen und insbesondere bei einem Thema unersetzlich: Empathie und Vertrauen. Viele beklagen ja, dass in unserem Gesundheitssystem gerade diese Werte in den letzten Jahren oft zu kurz kommen. Das liegt meiner Meinung nach daran, dass Ärzt*innen, aber auch das Pflegepersonal und andere Fachkräfte unter einem großen Arbeitsdruck stehen. KI kann an dieser Stelle etwas beitragen und zum Beispiel mehr Freiraum für die gerade im Gesundheitssystem so wichtigen zwischenmenschlichen Beziehungen schaffen.
 

MedServation: Wo steht ihr derzeit mit BreastIHC?

Felix Faber: BreastIHC ist bereits in der praktischen Anwendung – wir haben schon 8 Lizenzen verkauft. Zudem wächst unsere Produktpalette jede Quartal. Wir gehen davon aus, im nächsten Jahr 4 Anwendungen anbieten zu können.